EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ergänzt die Istanbul-Konvention

Die EU-Richtlinie trat Mitte Juni 2024 in der EU in Kraft. Sie ist die erste spezifische EU-Rechtsvorschrift zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.

Vor mehr als 2 Jahren, am 8. März 2022, schlug die Europäische Kommission eine neue Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt vor. Als wesentlicher Referenzrahmen für den Vorschlag diente die Istanbul-Konvention. Der Richtlinienvorschlag wurde intensiv im Rat und im Parlament diskutiert. In Österreich war das Justizressort für die Verhandlungen in der "Ratsarbeitsgruppe Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (COPEN)" zuständig.

Die Richtlinie wurde schließlich am 24. April vom Parlament mit 522 Stimmen dafür, 27 Stimmen dagegen und 72 Enthaltungen angenommen. Am 7. Mai folgte die Zustimmung des Rates und am 24. Mai wurde die Richtlinie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Damit trat die Richtlinie am 13. Juni in Kraft und ist nun innerhalb von 3 Jahren, bis zum 14. Juni 2027, von allen Mitgliedstaaten umzusetzen.

Inhaltlich verpflichtet die Richtlinie die EU-Mitgliedstaaten zur Setzung von Maßnahmen in den folgenden Bereichen:

  • Strafbarkeit von und Strafen für einschlägige Straftaten in Zusammenhang mit der "sexuellen Ausbeutung von Frauen und Kindern" sowie "Computerkriminalität",
  • Schutz der Opfer und Zugang zur Justiz,
  • (spezialisierte) Unterstützung für Opfer,
  • (frühzeitige) Prävention
  • Koordinierung und Zusammenarbeit

Angelehnt an den strafrechtlichen Bestimmungen der Istanbul-Konvention, umfasst die Richtlinie im Bereich der "sexuellen Ausbeutung von Frauen und Kindern" die verpflichtende Kriminalisierung von FGM/C und Zwangsheirat. Im Bereich des EU-Kompetenztatbestandes der "Computerkriminalität" regelt die EU-Richtlinie die Strafbarkeit von unterschiedlichen Cybergewalt-Delikten. Diese sind die nicht-einvernehmliche Weitergabe von intimem oder manipuliertem Material, Cyberstalking, Cybermobbing und Aufstachelung zu Gewalt oder Hass im Internet. Damit trägt die Richtlinie diesem eher neueren Aspekt der Gewalt gegen Frauen, der in Istanbul-Konvention nicht ausdrücklich genannt wird, Rechnung.

Die Richtlinie schafft einheitliche Mindeststandards und wird insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass fünf EU-Mitgliedstaaten (Bulgarien, Litauen, Slowakei, Tschechische Republik und Ungarn) die Istanbul-Konvention bisher nicht ratifiziert haben, als Meilenstein im Kampf gegen Gewalt an Frauen auf EU-Ebene angesehen.

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